Kinder zum Lernen motivieren – geht das? Musst Du dazu ein ausgebildeter Animateur aus einem Clubhotel sein? Oder brauchst Du ein Belohnugssystem – wie im Berufsleben? Ziel erreicht – mehr Kohle?
Oder gibt es da einen Geheimtrick, den die Spielindustrie gekauft und weggeschlossen hat, damit niemand mit PC Spielen und Co. mithalten kann?
So kompliziert ist das gar nicht. Motivationspsychologie ist eine Wissenschaft – nur nutzen wir die Erkenntnisse im Lernumfeld viel zu selten. Im folgenden Artikel hab ich meine Erfahrungen für Dich aufgeschrieben. Am Ende findest Du noch eine Praxisanleitung.
Kinder zum Lernen motivieren – warum ist das so schwer?
Es gibt kaum einen Kurs oder ein Webinar, wo die Frage – Wie kann ich Kinder zum Lernen motivieren? – nicht gestellt wird. Therapeuten, Pädagogen, Coaches und Eltern kämpfen an dieser Front.
Wenn die Kinder keine Leistungsbereitschaft haben, dann kann man nichts machen!
Auch diesen Satz habe ich x-mal gehört. Da liegt der 1. Denkfehler. Motivation ist mehr als Leistungsbereitschaft. Aus ganzheitlicher Sicht gibt es mindestens drei Faktoren zu beachten:
- Leistungsbereitschaft
- Leistungsfähigkeit
- Leistungsmöglichkeit
Motivation als Rechenaufgabe
Die Drei sind eine simple Malaufagabe. Ist einer der drei auf null, geht gar nichts mehr. Denn egal was ich mit 0 malnehme, es bleibt null. Diesen Grundsatz haben wir spätestens in Klasse drei gelernt. Kinder zum Lernen motivieren: Schraubst Du nun an der Leistungsbereitschaft (Belohnung, Bestrafung, Lob etc.) und Fähigkeit oder Möglichkeit gehen auf null – was passiert?
Gar nichts! Null. mal. x. bleibt. Null.
Jetzt mal Stück für Stück zum Nachmachen.
Leistungsbereitschaft oder etwas wollen
Wichtiger Faktor – ohne Frage. Wenn ich vor einer Klasse stehe und in 20 Null-Bock Gesichter schaue, da vergeht mir als Lehrer vielleicht auch die Lust. In Förderung und Therapie genauso.
Ich kann Dir versichern, dass es sehr lohnenswert ist, die Motivationsgleichung genauer unter die Lupe zu nehmen. Denn viele Kinder zeigen ja zu Beginn der Schullaufbahn durchaus Leistungsbereitschaft, nur geht sie dann irgendwie verloren. Leistungsbereitschaft erwächst aus Zielen, Wünschen und auch aus unserem Selbstbild und auch den erfahrenen Erfolgen.
Tödlich für die Leistungsbereitschaft ist das, was ich immer Wenn-Dann Pädagogik nenne.
Wenn Du das geschafft hast, dann . . .
Wenn Du das nicht geschafft hast, dann . . .
Das. funktioniert. nicht.
Glaub mir. Die Kunst liegt darin, Ziele gemeinsam zu vereinbaren. Individuelle Zielvereinbarungen sind hilfreich.
Und genau da beißt sich die Katze in den Schwanz.
Wenn Du gut lernst, dann bekommst Du eine gute Note.
Wenn Du Deine Hausaufgaben machst, dann darfst Du . . .
Wenn Ihr jetzt nicht leise seid, dann trage ich Euch ins Klassenbuch ein.
Schule ist nicht so aufgestellt. Wenn wir Kinder aber dauerhaft bei der Stange halten wollen, müssen wir sie für ein Ziel begeistern und dann ihre Mitarbeit einfordern.
Dazu müssen aber auch Leistungsfähigkeit und Leistungsmöglichkeit stimmen. Kriegst Du ein Kind nicht motiviert, fang bei Fähigkeit und Möglichkeit an.
Ok. Es gibt bestimmt auch Schüler, die einfach keinen Bock auf Faust 2 haben. Aber die sind in der Unterzahl. Ehrlich!
Kinder zum Lernen motivieren: Leistungsfähigkeit oder können
Das Ziel ist mit den Mitteln des Kindes nicht zu erreichen. Ihm fehlen einfach Kompetenzen und Fertigkeiten.
Beispiel: Ein Klavieranfänger, der sich vornimmt, direkt mit Mozart einzusteigen, wird bei aller Leistungsbereitschaft irgendwann frustriert das Handtuch werfen, weil seine Finger einfach noch nicht mitspielen. Habe ich selber erlebt.
Ein Kind mit Legasthenie, das eine schwere Lesestörung hat, kann vielleicht eine super Textanalyse machen. Wenn es an der Lesefähigkeit scheitert, wirst Du es nie erfahren und das Kind zeigt null Bereitschaft für die Textanalyse, weil sein Scheitern ja vorprogrammiert ist.
Du musst also schauen, was kann ein Kind. Willst Du motivieren, muss diese Analyse unabhängig vom Lehrplan erfolgen. Zu wissen was ein Kind können sollte, hilft Dir nicht weiter. Nur eine klare Bestandsaufnahme des Status quo zeigt Dir, wo das Kind steht und was Du voraussetzen kannst. Das Kind muss herausgefordert sein, aber nicht über- oder unterfordert. Lies dazu mal den Artikel Nullfehlergrenze.
Kinder zum Lernen motivieren – Leistungsmöglichkeit oder dürfen
Dürfen. Häh? Natürlich. darf. ein. Kind. lernen.
So einfach ist das nicht. Nehmen wir nochmal unser Legagenie, das nicht in der Lage ist, einen Text zu lesen. Daher hat das Kind gar nicht die Möglichkeit, eine Textanalyse zu verfassen – ob nun mündlich oder schriftlich. Würden wir dem Kind jedoch erlauben, den betreffenden Text als Audiodatei zu hören, könnte es seine brillianten Ideen zum Ausdruck bringen und trotz seiner Leseschwäche inhaltlich mitarbeiten. Der Gedanke ist vielleicht etwas ungewohnt. Es geht in der Schule auch nicht immer. Aber darüber nachzudenken, was wir an den Möglichkeiten schrauben können, ist so lohnenswert.
Beispiel Vokabeln lernen: Viele Kinder haben ganz unterschiedliche Lernmethoden. Einer meiner Schüler lernt sie auf dem Trampolin, der andere beim Schlagzeugspielen. Seit sie es genau so machen dürfen, funktioniert es wunderbar. Andere Schüler lernen mit Karteikarten. Sie schreiben sie auf die Karten und kriegen einen Rüffel, dass sie nicht ins Heft geschrieben sind.
Auch bei Faust 2 könnte das so sein. Vielleicht kommt unser Schüler einfach nicht mit Goethes Sprache zurecht und eine Ausgabe in modernem Deutsch könnte ihm das Thema doch noch näherbringen. Oder eine Verfilmung. Wir sollten uns gerade bei den Möglichkeiten davon verabschieden, dass wir viele kleine Individuen in eine Schablone pressen können. Es sind übrigens oft die kleinen Stellschrauben, die etwas verändern.
Denkfehler Nr. 2 Wir denken in statischen Kategorien. Nur weil etwas immer so war, muss es ja nicht so bleiben. Kreative Lösungen im Bereich der Leistungsmöglichkeit können kleine Wunder bewirken
Die Motivationsformel in der Praxis
Was kannst Du also tun? Ich hab Dir ein hübsches kleines Motivationsarbeitsblatt designt.
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Da schreibst Du oben das Thema rein, bei dem die Motivation hakt. Mach das nicht zu groß. Starte mit einem kleinen Thema. Also nicht Schule allgemein. Mach es spezifisch z.B. lesen oder Vokabeln lernen. Lass die Spalte Wollen zunächst offen und untersuche die Spalten Können und Dürfen.
Beim Vokabeln lernen stellst Du vielleicht fest, dass das Kind einige Laute in der Fremdsprache nicht den richtigen Buchstabenkombis zuordnen kann. Beim Dürfen ist es evtl. die Art, wo und wie gelernt wird.
Dann überlege Dir, wie Du die Spalten Können und Dürfen füllen kannst. Veränderungen auf dieser Seite, wirken sich fast immer auf Spalte eins aus.
Achtung: Verfall jetzt nicht in die Wenn . . . , dann . . . Pädagogik.
Wenn Du die Vokabeln auf dem Trampolin lernen darfst, dann . . .
Damit zertrampelst Du das zarte Pflänzchen wieder. Um Kinder zu motivieren, brauchst Du Geduld.
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