Immer wieder werde ich nach den besten Tipps für erfolgreiches Lernen gefragt. Lernen mit Spaß? In erster Linie soll Lernen doch erfolgreich sein. Oder?
Ich bin der festen Überzeugung, dass wir nur durch Lernfreude und Neugierde dauerhaft Lernen mit Spaß ermöglichen und Lernmotivation und erfolgreiches Lernen erleben können. Da geht es den Kindern nicht anders als Erwachsenen.
Aber wie funktioniert das? An dieser Frage tüftle ich, seit ich angefangen habe, mit Kindern zu arbeiten. Ich kann Dir versichern, wenn man das Lehren richtig gestaltet, gibt es kaum ein Kind, das sich nicht abholen lässt.
Folgst Du mir schon länger? Dann weißt Du ja, was jetzt kommt! Genau. Der Inhalt (hier der Lernstoff) folgt der Beziehung. Nur wenn die Beziehungsebene stimmt, kommt der Inhalt an. Das ist ein Leitsatz meiner Arbeit, der mich noch nie im Stich gelassen hat.
Trotzdem muss der Inhalt richtig dargeboten werden. Denn jedes Kind lernt individuell und wenn Du diese Individualität berücksichtigst, machst Du es Deinem Kind leichter und hilfst ihm, Lernerfolge zu sehen. Auch wenn Bildungspläne und Schulbuchverlage davon auszugehen scheinen, dass alle Kinder auf den gleichen Kanälen zur gleichen Zeit das Gleiche lernen.
„Jeder ist ein Genie. Aber wenn Du einen Fisch nach seiner Fähigkeit beurteilst, einen Baum hochzusteigen, wird er sein ganzes Leben lang glauben, er sei dumm!“
– Albert Einstein
Das ist aber nicht so!
Also musst Du selber ran. Ich kann Dir versichern, dass sich der Aufwand lohnt. Lernen mit Spaß, Lernfreude und Lernmotivation kommen durch erlebten Lernerfolg. Und diesen Lernerfolg kannst Du Deinem Kind organisieren.
Lernen mit Spaß durch erkennen des Lerntyps
Bereits in den Online Webinaren Vokabeln lernen und Lernstrategien bin ich auf die verschiedenen Lerntypen eingegangen. Grundsätzlich unterscheiden sich die Lerntypen nach dem bevorzugten Wahrnehmungskanal:
- Sehen
- Hören
- Fühlen
Es ist gut zu wissen, welches der bevorzugte Wahrnehmungskanal ist und trotzdem die anderen Kanäle zu trainieren. Denn je vielfältiger eine Information aufgenommen wird und je häufiger sie wiederholt wird, um so dauerhafter wird sie behalten.
Merkmale und Lerntipps für visuelles Lernen
Der visuelle Wahrnehmungstyp lernt am besten alle Informationen, die er mit den Augen aufnehmen kann. Hierzu zählen
- Schaubilder,
- geschriebene Texte,
- Tafelaufschriebe,
- Lehrbücher.
- Das Kind merkt sich Wörter nach dem Wortbild.
Dieser Wahrnehmungstyp ist normalerweise ganz gut strukturiert und kann sich gut auf die Schule einlassen. Er arbeitet konzentriert mit und kommt auch mit den Hausaufgaben gut klar. Und selten vergisst er etwas.
Übungsmöglichkeiten für visuelle Typen:
- Mind Maps
- Sketch Notes
- Tabellen
- Karteikarten
Leseempfehlung für visuelles Lernen mit Spaß: „Umzo“ Denken mit dem Stift.
Merkmale und Lerntipps für auditives Lernen
Hier kommt das Gehör zum Einsatz. Menschen dieses Wahrnehmungstyps verarbeiten die folgenden Inhalte am besten:
- Lautes Lesen
- Erklärungen durch den Lehrer oder die Mitschüler
- Durchsprechen des Lernstoffes
- Vorsprechen (z.B. Vokabeln)
- Wörter werden als Klangbild gelernt
Die besten Lernstrategien für auditives Lernen sind daher:
- Audio-Dateien auf dem PC oder Handy erstellen
- Gelesene Texte noch einmal in eigenen Worten wiedergeben
- Hörbücher
Merkmale und Lerntipps für kinästhetisches Lernen
Diese Kinder erfühlen ihre Welt. Sie können Informationen am besten auf folgenden Wegen erfassen:
- In Bewegung
- Durch Handlungen
- Durch kreative Darstellungen
- Nutzt beim Lernen viel Gestik und Mimik
- Sie haben am liebsten immer ein Sparringspartner zum Lernen
Die Tipps für diesen Lerntyp findest Du im nächsten Abschnitt.
Lernen mit Spaß in der Schule
Schauen wir das schulische Lernen genauer an. Von Lernen mit Spaß ist es leider häufig ein Stück entfernt. In der Schule wird nach wie vor überwiegend visuell und auditiv gearbeitet. Kinder, die diese beiden Kanäle gut kombinieren können, haben in der Regel die wenigsten Schwierigkeiten in der Schule.
Probleme, die sich daraus ergeben
Kinder, die nur visuell lernen, haben in der Regel Probleme, sich auf einen Vortrag einzulassen. Lehrer, die ihren Unterricht also eher in einer vortragenden Art gestalten, kommen diesem Lerntyp nicht sonderlich entgegen. Deshalb kann es dann schon mal passieren, dass Informationen, die nur mündlich gegeben wurden, einfach nicht angekommen sind.
Bei Kindern, die eher mit den Ohren dabei sind, liegen die Probleme an anderer Stelle. Sie verstehen Texte besser, wenn sie sie vor sich hinsprechen, das geht aber im Unterricht oder in der Klassenarbeit nicht. Schaubilder oder Mind Maps, die heute von Kindern gerne gefordert werden, sind für auditive Typen auch nicht hilfreich.
Besonderheiten bei Kindern, die überwiegend durch Bewegung lernen
Noch schwieriger wird es für Kinder, die über Bewegung und Fühlen Inhalte am besten wahrnehmen können. Diesen Kindern wird oft eine Konzentrationsschwäche nachgesagt. Die Lehrer beschweren sich über ihre Unruhe und ihre Leistungen bleiben in vielen Fällen hinter dem zurück, was sie leisten könnten.
Oft erlebe ich sogar, dass Eltern dann vorsichtig gefragt werden, ob bei Ihrem Kind eventuell eine Lernstörung vorliegt. Auch Kinder, die extreme Probleme mit den Hausaufgaben haben, gehören häufig zu diesem Lerntyp.
Dabei geht es um was ganz anderes. Versetz Dich mal in so ein Kind. Stillsitzen fällt ihm schwer, denn es lernt am besten in Bewegung. Fängt es aber an auf dem Stuhl zu zappeln, wird es ermahnt. Versucht es vielleicht, einen Text durch Mimik und Gestik verständlicher zu machen, heißt es: „Schneide keine Grimassen!“
Lässt es in der Pause seinen Bewegungsdrang raus, ist es zu wild. Vom Raufen mit anderen Kindern ganz zu schweigen. Nun hat das Kind den Schultag mit Mühe und Not hinter sich gebracht – und was passiert?
Genau! Es soll sich hinsetzen, seine Hausaufgaben schnell und ordentlich erledigen und nicht rumhampeln. Gerade Kinder, die am besten in Bewegung lernen, brauchen oft andere Wege, als die Schule vorgibt. Aber auch hier gibt es Lösungen:
- Vokabeln in Bewegung lernen
- Lernstoff durch Gesten darstellen
- Für jedes Fach in eine anderes Zimmer gehen
- Vokabeln auf dem Trampolin lernen
- Kaugummi kauen
- Viele kleine Post it’s mit dem Lernstoff in der Wohnung verteilen
Auch hier sind Fantasie und Kreativität gefragt und erlaubt! In meinen Elterncoachings ist das immer wieder ein großes Thema.
Die meisten Eltern glauben, lernen ist nur wirklich lernen, wenn es still und am Schreibtisch stattfindet. Das ist aber nicht so.
Chancen für Kinder mir Lernschwierigkeiten
Nachdem ich mich einmal mit den Lerntypen auseinandergesetzt hatte, schien es mir sehr lohnenswert, sie in meine Arbeit zu integrieren. Lernen mit Spaß hängt auch davon ab, dass wir unsere Kinder in ihrer Wahrnehmung unterstützen.
Zunächst findest Du hier einen kleinen Test, um den Lerntyp Deines Kindes etwas besser einschätzen zu können. Ich bin allerdings sicher, dass Du nach den obigen Erklärungen bereits eine Ahnung hast.
Gerade wenn es stressig ist und Kinder sich mit dem Lernen schwer tun, hilft es ihnen, den Lernstoff gehirngerecht aufzuarbeiten.
Trotzdem sollten alle Kinder besonders die Wahrnehmungskanäle trainieren, die nicht so gut ausgebildet sind, denn im Zusammenspiel aller Sinne lernen wir nun mal am besten.
Lerne mit Spaß in der Praxis
Hier findest Du Übungen, um die verschiedenen Kanäle zu trainieren. Ich gehe immer so vor, dass ich Wahrnehmungskanäle, die den Kindern nicht so liegen, jenseits des Schulstoffs trainiere. Erst wenn die Kinder einen Zugang zum jeweiligen Kanal gefunden haben, setze ich ihn bewusst für schulisches Lernen ein.
Visuellen Kanal stärken
Da gerade auf dem visuellen Kanal sehr viele Informationen dargeboten werden, lohnt sich das Training hier besonders. Obwohl wir alle sehen können, geht das detailgetreue Sehen zugunsten einer großen Menge von Bildern unter.
Einige Spielideen, wie Du mit Deinem Kind „Sehen“ üben kannst:
Kim-Spiele
Diese kleinen Spiele sind einigen bereits bekannt. Man schaut eine Person genau an. Diese Person verlässt dann kurz das Zimmer und verändert eine Kleinigkeit an ihrem Aussehen.
- Schnürsenkel anders binden
- Hemd schaut aus der Hose
- Ein Hosenbein oder Ärmel wurde gekrempelt
- Ein Kettchen unter oder auf dem Pullover getragen
- Gürtelschnalle nach hinten oder zur Seite geschoben
Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt und glaub mir, die Kinder entwickeln eine große Kreativität. Es ist natürlich klar, dass Ihr Euch abwechseln müsst. Einmal rätst Du und dann Dein Kind. Das Spiel macht übrigens auch in Gruppen Spaß.
Abwandlung: Alle bis auf eine Person verlassen den Raum. Diese Person verändert nun etwas am Raum. Dann kehren die anderen zurück und müssen die Veränderung erraten.
Bilder raten
Schneide Bilder aus Zeitungen aus oder nehm einen Bildband. Nun darf sich der erste Spieler ein Bild für ca. eine Minute anschauen. Dann nimmt der Partner das Bild. Der erste Spieler beschreibt nun alles, was ihm von dem Bild noch einfällt. Der Partner schreibt es auf oder streicht es auf dem Bild an. Dann wird gewechselt. Ihr braucht also mehrere Bilder.
Weitere Übungen zum Visualisieren – auch für Kinder mit LRS – findest Du in der Aufzeichnung des Online Webinars Lernstrategien.
Auditiven Kanal stärken
Meine Lieblingsübungen zur Steigerung der auditiven Wahrnehmung:
Tiere raten
Eine Person denkt sich ein Tier aus, die andere Person muss raten. Natürlich wird nicht einfach drauf los geraten, sondern es werden strategische Fragen gestellt:
- Ist es ein Säugetier?
- Hat es vier Beine?
- Hat es Federn?
- Lebt es in Deutschland?
- u.s.w.
Beim zehnten oder beim fünfzehnten Nein hat der Rater verloren. Dieses Spiel, in Anlehnung an das heitere Beruferaten mit Robert Lembke aus den 1970er Jahren, zwingt dazu, die Informationen, die beim Hören aufgenommen wurden, zu strukturieren und im Kopf zu behalten. Ich habe mit diesem Spiel viele lange Autofahrten mit meinen Kindern gut überstanden.
Geschichten erzählen
Es werden drei Begriffe vorgegeben und die müssen in eine logische Geschichte gebracht werden. Das kann man auch wunderschön mit sogenannten Story Cubes machen.
Fühlen üben
Auch diesen Sinn kann und sollte man trainieren. Tut sich Dein Kind in den Naturwissenschaften schwer? Dann wird es hiervon mehr als andere profitieren.
Auf den Rücken schreiben
Eine Übung, die wahrscheinlich alle kennen. Wörter, Zahlen oder Buchstaben werden dem Partner mit dem Finger auf den Rücken geschrieben. Der Partner muss raten, was geschrieben wurde.
Tasten
Stecke verschiedene Gegenstände in einen Beutel und lass Dein Kind diese Gegenstände nur mit den Händen ertasten. Wenn das klappt, kannst Du anfangen, Gegenstände aus dem Beutel zu nehmen; es wird wieder getastet und der Spieler muss erkennen was fehlt.
Bei allen Spielen ist wichtig, dass Du mitspielst und es keine „Lernaufgabe“ für Dein Kind ist. Es geht ja nur darum, spielerisch die Wahrnehmung zu trainieren.
Lernen mit Spaß – Voraussetzung
Auf welchem Kanal lernt Dein Kind am besten?
Wenn Du das weißt, kannst Du es unterstützen, den Lernstoff so aufzubereiten, dass es mit dem geringsten Aufwand den größten Erfolg hat.
Zusätzlich könnt Ihr die anderen Wahrnehmungskanäle spielerisch trainieren, damit Dein Kind lernt, mit allen Sinnen zu lernen. Lernen mit Spaß kann man also auch spielerisch lernen!