KI in der Lernförderung: 5 Dinge, die du jetzt wissen musst

Künstliche Intelligenz (KI) ist längst im Bildungsbereich angekommen – auch in Lerntherapie und Lernförderung. Viele Fachkräfte stehen dabei vor ambivalenten Gefühlen: Einerseits verspricht KI in der Lernförderung konkrete Unterstützung bei Analyse, Planung und Dokumentation. Andererseits bleiben viele Fragen zu Datenschutz, Qualität, Verantwortlichkeit und pädagogischem Nutzen offen.

Dieser Blogartikel greift fünf zentrale Fragen auf, die sich Lerntherapeuten und Förderkräfte aktuell stellen. Ziel ist es, Orientierung zu geben – jenseits von Technikbegeisterung oder pauschaler Ablehnung. Denn KI kann ein hilfreiches Werkzeug sein. Aber nur, wenn wir bewusst entscheiden, wie wir sie einsetzen – und wo unsere fachliche Kompetenz unersetzlich bleibt.

 

Inhaltsverzeichnis

 

Kann KI in der Lernförderung konkret Zeit sparen – oder macht sie nur Arbeit auf neue Weise?

Als Lerntherapeutin, Legasthenie- oder Dyskalkulietrainerin oder als Förderkraft in der Schule? Dann weißt du: Individuelle Förderung ist zeitintensiv. Zwischen Diagnostik, Förderplanung, Elterngesprächen und Materialsuche bleibt oft wenig Raum für Ruhe oder Reflexion. Dazu kommt, dass an vielen Stellen der kollegiale Austausch fehlt – und du dich immer wieder als Einzelkämpfer*in empfindest.

Der Wunsch nach Entlastung liegt auf der Hand. Und digitale Tools, insbesondere KI-Anwendungen wie ChatGPT, versprechen genau das. Doch was ist tatsächlich möglich mit KI in der Lernförderung?

Künstliche Intelligenz kann bei vorbereitenden und dokumentierenden Tätigkeiten unterstützen. So lassen sich zum Beispiel Förderplan-Entwürfe strukturieren, Materialvorschläge generieren oder Notizen zusammenfassen. Auch bei der Formulierung von Rückmeldungen an Eltern oder der Ideensammlung für passende Übungen kann KI eine Hilfe sein.

Allerdings: Damit daraus echte Zeitersparnis entsteht, braucht es eine klare Strategie. Wer sich ziellos mit ungenauen Prompts durch die KI klickt oder unpräzise Aufgaben stellt, produziert im Zweifel mehr Nacharbeit als Entlastung. Dann bist du nach einer Stunde nicht weiter als ohne KI in 60 Minuten.

Darum ist es wichtig zu fragen: Wofür möchte ich die KI konkret nutzen? Und: Was muss ich dazu über KI wissen – ohne gleich ein Digital-Genie zu sein oder einen endlosen Kurs zu belegen?

 

KI als Assistentin – nicht als Entscheiderin

Stell dir KI wie eine sehr schlaue Kollegin vor, die immer Zeit hat, schnell tippen kann und gute Ideen hat – aber keine Ahnung vom Kind vor dir.
Deshalb gilt:
Du bleibst der Kopf. Die KI ist deine rechte Hand.

 

Ein sinnvoller Einsatz beginnt dort, wo Prozesse klar strukturiert und Prompts klar formuliert sind. KI kann dann wie deine digitale Assistentin arbeiten – nicht immer perfekt, aber entlastend. Wichtig bleibt: Die pädagogische Einschätzung, die Auswahl der Methoden und die Beziehung zum Kind bleiben in der Verantwortung der Fachkraft. Genau hier liegt die Grenze der Automatisierung. Fazit: KI kann Zeit sparen – wenn sie gezielt eingesetzt wird. Sie ist kein Ersatz für deine Kompetenz und dein Know-how, sondern ein Werkzeug, das dir den Rücken freihält. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Datenschutz bei der Nutzung von KI in der Lernförderung

Die meisten Fachkräfte in der Lerntherapie und Lernförderung arbeiten allein – ohne eigene Datenschutzabteilung. Auch in Schulen und anderen Einrichtungen herrscht oft Unsicherheit. Aus Angst, etwas falsch zu machen, wird KI entweder gar nicht genutzt, oder ihre Anwendung wird unnötig verkompliziert.

Klar ist: Datenschutz ist kein Nice-to-have. Und gerade Informationen rund um Lernstörungen gehören zu den besonders sensiblen Daten. Ihr Schutz ist wichtig – und notwendig.

Ich bin keine Datenschutzexpertin. Was ich hier teile, ist keine Rechtsberatung – sondern ein pragmatischer Weg aus dem lerntherapeutischen Alltag:

Checkliste

  • Arbeite mit Platzhaltern, z. B. [Name], [Alter], [Klasse], [Diagnose]. Wenn du später Texte oder Förderpläne verwendest, füge die echten Daten lokal ein – außerhalb der KI-Anwendung.

  • Kopiere nur Textinhalte, nie ganze Dateien. Dateien können sogenannte Metadaten enthalten, die unbeabsichtigt Informationen preisgeben (z. B. Dateiname, Autor, Gerät).

  • Gebe keine Kombinationen ein, die Rückschlüsse auf einzelne Kinder ermöglichen würden.

  • Speichere keine Eingaben dauerhaft – und deaktiviere in ChatGPT die Trainingsfunktion.

  • Nutze KI als Denkhilfe, nicht als Archiv oder Dokumentenspeicher.

 

Fazit: Wer KI in der Lernförderung nutzen möchte, trägt Verantwortung – nicht nur fachlich, sondern auch im Umgang mit sensiblen Daten. Es braucht kein Technikstudium, aber ein klares Bewusstsein dafür, was man eingibt, wofür und wo. Mit einem pragmatischen, datenschutzbewussten Vorgehen lässt sich KI sinnvoll und sicher einsetzen – ohne das Vertrauen der Kinder und Eltern zu gefährden.

Macht KI individuelle Lernförderung irgendwann überflüssig?

KI kann in der Lernförderung tatsächlich vieles unterstützen: Sie hilft dabei, Texte zu strukturieren, Fehlerbilder zu analysieren und Förderideen zu entwickeln. In manchen Anwendungen ist sie sogar in der Lage, auf Basis von Eingabemustern personalisierte Vorschläge zu machen – etwa für Übungen, Rückmeldungen oder sprachliche Formulierungen.

Aber: Diese Vorschläge basieren auf Daten, nicht auf pädagogischer Einschätzung. Eine KI weiß nicht, wie ein Kind heute in die Stunde gekommen ist, ob es innerlich blockiert ist oder was es emotional bewegt. Sie erkennt keine situativen Zusammenhänge und kann auch nicht beurteilen, ob ein Förderziel in diesem Moment realistisch, motivierend oder entwicklungsförderlich ist.

Zur Erinnerung: KI ist kein Beobachter mit Bauchgefühl. Sie…

  • reagiert rein auf Muster und Spracheingaben,

  • kennt weder Kontext noch Beziehung,

  • entscheidet nicht, ob etwas pädagogisch sinnvoll ist.

     

Mindestens genauso wichtig: KI kann keine Beziehung aufbauen. Gerade in der Lernförderung ist die vertrauensvolle Verbindung zwischen Kind und Fachkraft einer der zentralen Wirkfaktoren. Studien wie die von John Hattie belegen, dass die Qualität der Beziehung entscheidend für den Lernerfolg ist – und das lässt sich nicht digital simulieren. Beziehung ist nicht programmierbar. Sie entsteht durch Zeit, echtes Interesse, Resonanz – und durch das gemeinsame Aushalten von Frust und Fortschritt.

Fazit: KI in der Lernförderung kann ein starkes Werkzeug sein – wenn sie bewusst eingesetzt wird. Sie entlastet, strukturiert, gibt Impulse. Aber sie ersetzt keine pädagogische Kompetenz. Und sie ersetzt keine Beziehung. Im Gegenteil: Sie braucht beides, um sinnvoll wirken zu können.

Wenn KI das Denken übernimmt – was bleibt vom Lernen?

Ich frage mich manchmal, wie lange wir noch brauchen, bis wir aus unseren Erfahrungen lernen. Seit über zehn Jahren gehören Smartphones zum Alltag. Und erst jetzt beginnen wir zu verstehen, was sie mit dem Denken und Fühlen von Kindern machen. Wie sie Konzentration beeinträchtigen. Wie sie Reizüberflutung begünstigen. Und wie sie mit einem Anstieg von Depressionen und Angststörugnen in Verbindung stehen. Nun ist die nächste technologische Entwicklung bereits mitten im Alltag angekommen. Künstliche Intelligenz. Aber wieder scheint kaum jemand zu fragen, was sie mit dem Denken unserer Kinder machen wird. 

 

Deshalb ist es so wichtig, dass wir als Fachkräfte in der Lernförderung nicht nur überlegen, wie wir KI für unsere Arbeit einsetzen können. Wir sollten uns auch bewusst mit der Frage auseinandersetzen, was diese Technologie mit Kindern macht. Und wir müssen nicht nur für uns selbst sorgsam damit umgehen, sondern auch die Verantwortung übernehmen, Kinder im Umgang mit KI zu begleiten und zu schützen.

 

KI kann vieles erleichtern. Sie hilft, Texte zu gliedern, passende Formulierungen zu finden und Ideen zu generieren. Doch genau diese Bequemlichkeit hat ihren Preis, besonders wenn es ums Lernen geht.

 

Was sagt die Wissenschaft?

Studien zeigen, dass sich bei der Nutzung von KI die Aktivität in zentralen Bereichen des Gehirns verringert. In einer Untersuchung des MIT Media Lab arbeiteten Teilnehmende an einer Schreibaufgabe. Wer dabei ChatGPT verwendete, zeigte deutlich niedrigere Aktivität in Bereichen, die für Kreativität und Arbeitsgedächtnis zuständig sind. Die verfassten Texte waren stilistisch sehr ähnlich, weniger originell, und viele konnten später nicht mehr genau wiedergeben, was sie selbst geschrieben hatten.

 

Auch weitere Studien bestätigen: Wer sich beim Denken zu sehr auf KI verlässt, trainiert eigene kognitive Fähigkeiten weniger. Dieser Vorgang wird als „kognitives Offloading“ beschrieben. Das bedeutet, dass Denkprozesse an die Maschine ausgelagert werden. Wenn das zu oft passiert, sinkt die Fähigkeit, selbstständig Probleme zu lösen, kritisch zu reflektieren oder mit Frustration umzugehen.

 

Gerade in der Lernförderung ist das ein zentrales Thema. Denn Kinder sollen nicht nur richtige Antworten finden, sondern verstehen, wie Denken funktioniert. Es darf manchmal anstrengend sein, Fragen aufwerfen, und es dürfen Fehler gemacht werden. Genau aus diesen Fehlern lernen wir, und sie helfen uns, neues Wissen zu formen. Genau diese Prozesse machen nachhaltiges Lernen möglich.

 

Fazit: KI kann in der Lernförderung ein wertvoller Impulsgeber sein. Aber sie darf das Denken nicht ersetzen. Kinder brauchen Räume, in denen sie selbst entdecken, verstehen und gestalten können. Und sie brauchen Menschen, die mit ihnen diese Räume gestalten.

Begriffe aus der KI – kurz erklärt

Was ist KI überhaupt?
KI steht für „Künstliche Intelligenz“. Damit sind Programme gemeint, die menschliches Denken nachahmen – zum Beispiel Sprache verstehen, Texte schreiben oder Fragen beantworten.

Was ist ein Prompt?
Ein Prompt ist die Eingabe, mit der du eine KI aufforderst, etwas zu tun. Zum Beispiel: „Gib mir zehn Ideen für eine Rechengeschichte im Hunderterfeld.“ Je klarer dein Prompt, desto hilfreicher die Antwort.

Was ist ein Custom GPT?
Ein Custom GPT ist eine angepasste Version von ChatGPT. Du kannst ihm bestimmte Rollen, Aufgaben oder Hintergrundinfos mitgeben – zum Beispiel: „Du bist mein Assistent für die Förderdiagnostik.“

Was bedeutet „Training deaktivieren“?
Bei manchen Tools kannst du einstellen, dass deine Eingaben nicht für das weitere Lernen der KI verwendet werden. Das schützt sensible Informationen und erhöht die Datensicherheit.

 

Wenn Kinder KI als Beziehung erleben – zwischen Trost und Täuschung

Was passiert eigentlich, wenn Kinder emotionale Bindungen zu Künstlicher Intelligenz entwickeln? Diese Frage wird bislang erstaunlich selten gestellt. Dabei zeigen erste Studien und Erfahrungsberichte: Viele Kinder erleben KI nicht nur als Werkzeug, sondern als echtes Gegenüber.

Sprachassistenten wie Alexa oder Chatbots wie Replika werden personalisiert – sie haben Namen, Stimmen, einen Charakter. Für manche Kinder ist das anziehend: Diese Systeme widersprechen nicht, sie urteilen nicht, sie sind rund um die Uhr verfügbar.

Doch genau das birgt Risiken.

„Die KI versteht mich besser als meine Eltern“ – dieser Satz zeigt, dass die Beziehung ein Problem hat.

Eine der bekanntesten Stimmen zu diesem Thema ist Sherry Turkle, Professorin am MIT. In ihrem Buch „Alone Together: Why We Expect More from Technology and Less from Each Other“ beschreibt sie eindrücklich, wie Menschen beginnen, Maschinen emotionale Nähe zuzuschreiben – und wie dadurch echte zwischenmenschliche Beziehungen geschwächt werden. Ihre Warnung: Je mehr wir Nähe simulieren, desto weniger lernen wir, sie wirklich zu leben.

 

Fazit:  KI in der Lernförderung kann Impulse geben – aber sie darf kein Beziehungsersatz werden. Kinder brauchen Menschen, keine Programme, die so tun, als wären sie welche. Beziehung ist der Boden, auf dem Entwicklung wächst. Und es ist unsere Aufgabe, diesen Boden zu pflegen.

 

Schlussgedanken: KI kann viel – aber ohne dein Know-how bleibt sie nur ein Werkzeug

Künstliche Intelligenz in der Lernförderung ist längst angekommen. Kinder nutzen sie selbstverständlich, viele Fachkräfte beginnen, sie im Alltag zu erproben. Und ja, sie kann bei der Formulierung von Texten helfen, neue Ideen anstoßen oder Gedanken ordnen. Aber all das allein reicht nicht aus.

Wirklich hilfreich wird KI erst dann, wenn sie mit deinem Fachwissen zusammenkommt. Mit deiner Erfahrung. Mit deinem Blick für das einzelne Kind und seine Entwicklung.

Es geht nicht darum, ein Technikprofi zu werden. Es geht um die Verbindung von lerntherapeutischem Know-how mit den Möglichkeiten von KI. Genau diese Verbindung macht den Unterschied. Denn KI kann dich entlasten – aber sie braucht dich, um sinnvoll zu wirken.

 

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