Notenschutz und Nachteilsausgleich in der Realität
Ist das bei Euch auch ein Thema?
Oder seid Ihr in der glücklichen Lage, dass Eure Schule das total akzeptiert und Dein Kind alle Hilfe bekommt, die es braucht?
Warum es diese Unterschiede gibt?
Nachteilsausgleich und Notenschutz sind schwammig und uneinheitlich vom Gesetzgeber geregelt. An dieser Stelle ist die Politik gefordert, im Interesse der Kinder Verhältnisse zu schaffen, die bundeseinheitlich und klar sind.
So wie es heute ist, verhärten sich gelegentlich die Fronten. Es fallen Worte wie Anwalt und Schulamt und ein Gespräch zwischen Eltern und Schule ist kaum noch möglich ist.
Notenschutz und Nachteilsausgleich – meine Perspektive
Ich bin überzeugt, es geht gar nicht um Notenschutz und Nachteilsausgleich. Das Problem liegt tiefer. Die Schule als Institution hat ja schon ein paar Tage auf dem Buckel. Daraus resultiert ein Bild, das mit ihr und ihren Aufgaben verbunden ist.
Kennst Du noch diese 3d Bilder und Postkarten? Je nachdem in welchem Winkel wir draufschauen, sehen wir was anderes. Ich beschreib mal diese Blickwinkel.
Lehrpläne und ihre Tücken
Schulisches Lernen heißt institutionelles Lernen! Zumindest unter Pädagogen an der Uni😉.
Schule = Institution = institutionelles Lernen
Klartext: In der Schule wird die Weitergabe von Wissen organisiert. Dazu gibt’s Lehrpläne, damit wir Lernen angleichen können. In der Grundschule steht in diesen Lehrplänen unter anderem Lesen, Schreiben und Rechnen lernen. Dazu gibt es einen bestimmten Rahmen – den Lehrplan. Ein guter Gedanke? Oder? Wenn man in den Rahmen passt sicherlich.
Neben dem Bildungsauftrag hat die Schule auch noch eine andere Aufgabe.
Verteilungsfunktion der Schule
Auch wenn das keiner explizit sagt. Jeder Soziologe (das sind die Menschen, die über Gesellschaften und ihre Funktion nachdenken) wird das bestätigen. Diese Funktion heißt verteilen von gesellschaftlichen Chancen. Auch wenn das bei uns nicht ganz so krass ist wie z.B. in Großbritannien, den USA und Frankreich.
Diese Funktion ist in den Köpfen verinnerlicht.
„Nicht alle können Abitur machen!“
„Wir brauchen auch Handwerker!“
“ Heute gibt es eine Abiturinflation!“
Alles Sätze die zeigen, dass es auch um’s Verteilen geht. Aber wer sagt denn, dass wir diese Vorauswahl am Ende der vierten Klasse treffen müssen? Wie viel Potential bleibt denn da auf der Strecke? Wir reden über Fachkräftemangel und fangen an, 9-jährige auszusortieren?
Zurück zu den Lehrplänen
Die Vorgaben der Lehrpläne und ihre Erfüllung werden gemessen – heißt dann Klassenarbeit. Mögliche Nebenwirkungen:
- Schlaflosigkeit
- Bauchschmerzen
- Misserfolgserwartung
- negatives Selbstbild
Wer in den Klassenarbeiten schlecht abschneidet, bekommt eine schlecht Note. Die Noten helfen beim Verteilen der Kinder. Und nun öffnen sich Schubladen, die überhaupt nicht geeignet sind, die Probleme der Kinder zu lösen.
Dein Kind passt nicht
Hat ein Kind Schwierigkeiten beim Lesen, Schreiben oder Rechnen lernen und passt nicht in das Schema des Lernplans, stimmt was mit dem Kind nicht. Das ist die allgemeine Wahrnehmung und das bekommen Eltern dann oft widergespiegelt.
„Passt“ das Kind nicht, weil es eine Legasthenie oder Dyskalkulie hat, kann durch Notenschutz und Nachteilsausgleich der Rahmen etwas erweitert werden. So dass das Kind dann wieder „passt“.
Ein weit aus größeres Problem ist die Wahrnehmung, dass das Kind nicht „passt“.
Ich war auch so ein unpassendes Kind. Notenschutz und Nachteilsausgleich in den Siebzigern Fehlanzeige. Mehr dazu kannst Du in der Folge LEGA-TV Nullfehlergrenze erfahren.
Wie das bei LRS so ist, kam ich auch als Mutter wieder in den „Genuss“, mich damit auseinanderzusetzen.
Dieses Gespräch, in dem mir mitgeteilt wurde, dass mein Kind nicht passte, werde ich nicht vergessen. Gott sei Dank, habe ich das nicht hingenommen. Ich fühlte mich im Regen stehen gelassen.
Natürlich habe ich mich auch sofort um die rechtliche Seite gekümmert und bin dann mit Erlassen und Beschlüssen – zu Notenschutz und Nachteilsausgleich – gewappnet in die Schule. Der Erfolg? Wir haben die Schule gewechselt. Ich hatte das Gefühl einfach nicht durchzudringen. Aus heutiger Sicht würde ich zunächst einmal gelassener reagieren.
Perpektivwechsel
Wackeln wir jetzt mal ein bisschen am 3d Bild. Die Emotionen haben sich gelegt, genau wie ich hat auch mein Kind mittlerweile Abitur und kann sich damit hinverteilen wo es will.
Für die Schule (wenn es sich nicht um Waldorf, Montessori oder andere reformpädagogischen Ansätze handelt) sind Noten ein nicht wegzudenkender Teil. Manchmal werden sie genutzt, um Kinder zu disziplinieren oder um die Motivation zu wecken. Da gibt es so viel bessere Ansätze. Lerncoaching ist einer davon.
Nun gibt es Kinder, die Probleme haben und das soll sich nicht in den Noten widerspiegeln? Steht ja zunächst mal im Widerspruch zur allgemeinen Aufgabe der Schule.
Dann gibt es Notenschutz und Nachteilsausgleich für diese Kinder! Aber so richtig festlegen mag der Gesetzgeber sich nicht, siehe oben. Das lässt er dann lieber die Kollegen vor Ort tun! Ist das denn nicht eventuell doch unfair den anderen gegenüber? Definiert man Fairness wie auf diesem Bild – ja. Ist Fairness, jeden da abzuholen wo er steht – dann nein.
Notenschutz, Nachteilsausgleich und der richtige Ansatz
Ich bin davon überzeugt, dass sowohl Eltern, als auch die Schule aus ihrer jeweiligen Perspektive heraus immer das Beste wollen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass wertschätzende Kommunikation ein Schlüssel zur Verständigung sein kann.
Auf Elternseite: Suche einen geeigneten Trainingsansatz für Dein Kind. Im kostenfreien LRS-Kurs findest Du Antworten. Versuche im Gespräch mit der Schule wertschätzend zu bleiben. Das ist vielleicht schwierig, aber Du wünschst Dir das ja auch. Es heißt nicht, dass es dann immer eine Lösung gibt. Aber die Lösung ist wahrscheinlicher und Du sparst Dir eine Menge Energie, die Du mit Deinem Kind viel besser nutzen kannst.
Wie ich das meine? Wenn jemand Dich bittet in Deinem Job, etwas anders zu machen, wie könnte er Dich dazu motivieren? Überlege doch einfach, wie Du in der Situation am besten mit Kritik umgehen könntest und versuche es dann mal auf die Weise.
Klappt es nicht, kannst Du immer noch die Reißleine ziehen!
Auf Seiten der Schule: Da kommt jemand, der möchte, dass sein Kind anders behandelt wird und wedelt dabei gleich mit Paragraphen und Erlässen? Und dann soll man wertschätzend bleiben? Nicht einfach! Ich weiß! Betrachten wir es mal nüchtern. Zunächst mal kommen die Eltern und haben eine Reklamation. Wenn Du irgendetwas reklamierst, wie regst Du Dich am schnellsten ab? Wenn gleich jemand mit Gegenargumenten kommt, die Dir zeigen, dass Du falsch liegst oder wenn Dir jemand zuhört und zunächst mal Verständnis für Deinen Ärger oder Deine Sorgen zeigt?
Wenn sich beide Seiten auf dieser Ebenen begegnen können, dann kann man sich auch an den Tisch setzen und versuchen gemeinsam eine Lösung finden. Sind die Fronten verhärtet, wird das viel schwieriger und das ist niemals im Interesse des betroffenen Kindes.
Ich wünsche allen hier ein gutes Gelingen.
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