Als ich vor 15 Jahren mit der Dyskalkulietherapie anfing, musste ich mir vieles mühsam anlesen und zusammensuchen. Die Informationslage zur Rechenschwäche bei Kindern ist nach wie vor dürftig.
In Ausbildung und Studium hatten ich eine Menge Theorie gelernt, aber die Umsetzung in die Praxis war schwer.
Besonders hilfreich habe ich die bei Rechenschwäche die folgenden vier Schritte nach Hans Aebli empfunden. Sie sind zwar keine Zauberformel (wir sind ja nicht in Hogwarts!) aber sie helfen Dir eine strukturierte Förderung anzulegen.
- Handeln
- Vorstellen
- Arbeiten mit Symbolen (Ziffern und Rechenzeichen)
- und Automatisieren
Der Schlüssel zur Wirksamkeit liegt in der richtigen Reihenfolge Wenn Du Schritt 4 nach Schritt 1 angehst, ist das nicht hilfreich, sondern führt zu noch mehr Verwirrung beim Kind.
Es ist wie eim Hausbau, da setzen wir das Dach ja auch nicht auf das Fundament!
Rechenschwäche bei Kindern – Schritt eins: Handeln
Arbeit mit Material ist super! Allerdings nicht stumpfes Hinlegen von Plättchen und Co. Es geht darum, zunächst zu handeln und dabei nachzuvollziehen, was man tut. Das geht super mit Geschichten und bereitet auch schon auf spätere Textaufgaben vor.
Auch Mengen werden zuerst durch Handeln erfahren. Gegenstände zählen mit der Ziffer und dem Zahlwort verbinden. Etwas dazulegen oder etwas wegnehmen.
Die Zerlegung von Mengen kann ebenfalls so geübt werden.
Was kann ich alles aus einer 7 machen?
Da sind die beliebten Zahlenhäuser, in die die Zerlegungen eingetragen werden, nicht sonderlich hilfreich. Die Mengen müssen handelnd zerlegt werden. Mit Plättchen, Büroklammern, Erbsen, Legosteinen oder was auch immer zur Hand ist.
Mehr dazu findest Du im Artikel Zahlenchunks.
Rechenschwäche bei Kindern Schritt zwei: Vorstellen
Rechnen ist nun mal was Abstraktes. Kinder müssen sich bestimmte Dinge vorstellen können, um sich vom Handeln zu verabschieden.
Ein Beispiel:
Das Kind hat häufig mit Plättchen die Menge 7 in 3 und 4 zerteilt. Nun soll es die Aufgabe 3 + 4 rechnen. Das ist Schritt drei – Arbeiten mit Symbolen.
Dieser Schritt ist hier zu früh. Das Kind muss sich die Handlung vorstellen und sie vielleicht sogar zeichnen, um sie zu verinnerlichen.
Dazu gehört zu verstehen, dass 4 Elefanten und 4 Erbsen die Menge 4 darstellen. Auch wenn die 4 Elefanten sicherlich mehr Volumen haben und für ein Kind viel mächtiger wirken.
Schritt drei: Arbeiten mit Symbolen
Erst wenn ein Kind sich wirklich vorstellen kann, was sich hinter einer Ziffer oder einem Rechensymbol verbirgt, kann es mit dem Symbol arbeiten. Stell Dir mal vor, wir würden die Ziffern durch andere Symbole ersetzen.
2|” 3|§ 4|% 5|& 6|? 7|( 8|;
Dann rechne mal:
” + § =
§ + % =
” + & =
Musstest nachschauen? Klar! Du müsstest die neuen Symbole erstmal lernen. Dabei wär das für Dich relativ leicht, da Du ja sehr wahrscheinlich weißt, welche Menge sich hinter den Symbolen verbirgt.
Rechenschwäche bei Kindern ist vielschichtig, daher ist es so wichtig, dass wir uns an die Abfolge halten.
Schritt vier: Automatisieren
Erst jetzt kannst Du anfangen zu automatisieren. Symbole, Rechenzeichen und die Handlungen, für die sie stehen, wurden in den ersten drei Schritten angelegt und verstanden. Dann macht es Sinn, mit den Kindern zum Automatisieren zu gehen. Sonst ist es eher schädlich.
Stell Dir vor, ein Kind in der 1. Klasse lernt fleißig die Aufgaben im Zahlenraum bis 20 auswendig. Damit kommt es vielleicht kurzfristig durch.
Schlimmer noch. Niemanden fällt auf, dass das Kind es nicht verstanden hat. Alle Ampeln stehn auf grün. Bis dann auf einmal der Zahlenraum größer wird. Wir haben dann manchmal das Gefühl, dass die Leistung plötzlich zusammenbricht. Dabei war das Problem die ganze Zeit unter der Oberfläche.
Wenn die Kinder dann zu uns in die Förderung kommen, müssen wir zunächst erkennen, wo sie auf ihrer Reise ins Rechenland ausgestiegen sind. Das ist immer ein wenig Detektivarbeit. Aber der wichtigste Schritt, um sinnvoll zu helfen.
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3 Antworten
Ich habe einen Schüler im ersten Schuljahr den ich gerne in Mathematik fördern möchte.
Ich heiß Ute meine Tochter Lea ist 13 jahre alt hat eine rechenschwäche sie geht auch auf eine Förderschule die im letzten ja erst erkannt wurden ist
Liebe Ute,
leider ist die Informationslage zur Dyskalkulie immer noch dürftig. Hier auf dem Blog findest Du viele Artikel zum Thema um Dich zu informieren. Ich wünsche Dir viel Spaß beim Stöbern.