Wenn Kinder bei Mathe scheitern, liegt das selten nur an einem „falschen Ergebnis“. Viel spannender – und hilfreicher – ist die Frage:
👉 Wie ist das Kind eigentlich auf genau dieses Ergebnis gekommen?
Und genau da setzt qualitative Mathe-Diagnostik an. Sie macht das Denken sichtbar – und eröffnet Wege für eine passgenaue, wirksame Förderung.
Inhaltsverzeichnis
Aber der Reihe nach…
Was ist eigentlich klassische Mathe-Diagnostik?
In der klassischen Mathe Diagnostik kommen standardisierte Rechentests zum Einsatz.
Diese Tests sind wie Checklisten:
☑ richtig
☒ falsch
Sie zählen Fehler und liefern Zahlenwerte, mit denen man ein Kind relativ objektiv einordnen kann – im Vergleich zu anderen Kinder seiner Altersgruppe.
Das ist total wichtig, keine Frage – vor allem für offizielle Dinge wie Nachteilsausgleich, Kostenübernahmen oder die Feststellung von Förderbedarf.
Diese Form der Diagnostik nennt man quantitativ. Sie beantwortet die Frage: Wie viele Fehler macht ein Kind und wo steht es im Vergleich zu anderen Kindern.
Aber nicht:
Wie denkt das Kind
Was bedeutet quantitative Diagnostik?
Auf den Punkt gebracht bedeutet quantitative Diagnostik Erfassung der Fehlermenge – nicht Denkprozesse.
Sie misst:
-
wie viele Aufgaben richtig oder falsch gelöst wurden
-
wo das Kind im Vergleich zu Gleichaltrigen steht
-
ob eine rechnerische Auffälligkeit vorliegt
Kurz:
Sie erkennt dass ein Kind Schwierigkeiten hat – aber nicht warum.
Und genau darum brauchen wir mehr.
Warum das Denken in der Mathe Diagnostik wichtiger ist als das Ergebnis
Wenn du Kinder wirksam unterstützen willst, brauchst du mehr als Fehlerzahlen.
Du brauchst Einblick in ihr mathematisches Denken und ihre Rechenstrategien. Denn aus ihrer Sicht handeln die Kindern meist streng logisch. Nur wir verstehen das nicht.
Aber:
Nur wenn du verstehst, wie ein Kind rechnet, kannst du es genau dort abholen, wo es steht – und nicht da, wo du glaubst, dass es stehen sollte.
👉 Und hier kommt die qualitative Mathe-Diagnostik ins Spiel
Qualitative Diagnostik – das Detektivspiel in der Mathe Diagnostik
Qualitativ bedeutet: Wir schauen genau hin.
Nicht nur auf das falsche Ergebnis, sondern auf den Weg dorthin.
Wir wollen wissen:
-
Welche Strategien nutzt das Kind?
-
Welche Missverständnisse schleichen sich ein?
-
Welches Bild hat das Kind von Zahlen?
Die qualitative Diagnostik besteht aus zwei Säulen:
-
dem diagnostischen Gespräch, in dem du durch gezielte Fragen verstehst, wie das Kind denkt
-
der gezielten Beobachtung, bei der du wahrnimmst, wie gerechnet wird – mit Fingern? durch Zählen? durch innere Bilder
Beispiel gefällig?
Die Aufgabe lautet: 27 + 15
Das Kind schreibt: 34Ein klassischer Test sagt: ❌ Falsch.
Die qualitative Diagnostik fragt:
- Hat sich das Kind nur vertan beim Zählen?
- Versteht es den Zehnerübergang nicht?
- Rechnet es noch mit den Fingern?
- Oder war es einfach unkonzentriert
Was passiert im diagnostischen Interview ?
Das diagnostische Interview ist das Herzstück der qualitativen Diagnostik.
Aber keine Sorge – das klingt viel formeller, als es ist.
Es ist im Grunde ein entspanntes 1:1-Gespräch, in dem du dem Kind beim Denken zuhörst.
- Du beobachtest:
Welche Rechenwege wählt es?
Wie geht es mit Fehlern um?
Bleibt es bei einem Muster oder probiert es aus?
Du fragst nach:
-
„Wie bist du auf das Ergebnis gekommen?“
-
„Was hast du zuerst gerechnet?“
-
„Was könnte man noch machen?“
Und das Wichtigste: kein Zeitdruck, kein „richtig oder falsch“ – nur echtes Interesse am Denken.
Klingt aufwendig? Ist es ein bisschen. Aber sowas von hilfreich!
Ja, qualitative Mathe Diagnostik braucht Zeit. Und manchmal auch Geduld.
Aber weißt du, was sie dir dafür schenkt?
- Klarheit
- Orientierung
- Und langfristig: deutlich weniger Frust – bei dir und beim Kind.
Wenn du tiefer einsteigen willst:
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Die 5 wichtigsten Beobachtungsbereiche in der Mathe-Diagnostik
Damit deine Diagnostik keine Zahlenraterei, sondern ein echtes Erkenntnis-Instrument wird, lohnt sich ein Blick auf diese fünf Schlüsselpunkte:
1. Zählt das Kind noch – und wenn ja: wie?
Zählen ist oft der erste Weg zum Ergebnis – aber irgendwann sollte dieser Weg durch effizientere Strategien ersetzt werden.
Manche Kinder zählen offen – andere heimlich. Sie:
-
tippen mit den Fingern
-
wippen mit dem Fuß
-
zwirbeln sich eine Haarsträhne
-
oder zählen nur noch innerlich mit den Augen
Deine Aufgabe: Beobachte genau. Und frage ggf. behutsam nach
Hat das Kind eine tragfähige Zahlvorstellung?
Zahlen sind mehr als Symbole. Sie stehen für eine Menge und sie haben Beziehungen.
Versteht das Kind, welche Menge sich hinter der 8 verbirgt? Dass 8 mehr ist als 6? Dass doppelt so viel wie 4 8 ist – und nicht „keine Ahnung“?
Achte darauf:
-
Erkennt es Mengen auf einen Blick?
-
Versteht es die Beziehungen zwischen Zahlen?
-
Kann es zwischen Ziffer, Zahlwort und Menge unterscheiden?
Fehlt diese Zahlvorstellung, wird Mathe schnell zur Zahlenakrobatik ohne Netz
Ist das Dezimalsystem klar – oder ein Rätsel?
Zehner, Hunderter, Tausender – das klingt einfach.
Aber hast du je versucht, mit einem Kind 1.000 Plättchen zu strukturieren?
Hier wird’s spannend!
- 10 Einer → eine kleine Schachtel (Zehner)
- 10 Schachteln → eine Dose (Hunderter)
10 Dosen → ein Schuhkarton (Tausender)
Und jetzt? Zieh einen Einer ab von 1.000.
Das Kind muss:
-
den Karton öffnen → 10 Dosen
-
eine Dose öffnen → 10 Schachteln
-
eine Schachtel öffnen → 10 Einer
So entsteht 999 – erlebbar, nachvollziehbar, greifbar.
Lass das Kind dabei erzählen:
Was es macht. Warum es das macht. Was es dabei denkt.
4. Hat das Kind Strategien – oder rechnet es planlos?
Manche Kinder „rechnen irgendwie“. Und das reicht – bis es nicht mehr reicht.
Wenn Aufgaben komplexer werden, versagt das Schema – weil es nie verstanden wurde.
Achte darauf:
-
Gibt es mehrere Rechenwege?
-
Kann das Kind erklären, wie es rechnet?
-
Oder wirkt alles eher wie ein Ratespiel mit Zahlen?
5. Versteht das Kind mathematische Sprache?
Viele Schwierigkeiten entstehen nicht im Rechnen – sondern im Verstehen.
- Was bedeutet „addieren“?
- Was ist eine „Differenz“?Weiß das Kind, was „geteilt durch“ meint?
Kann es Sachaufgaben in Worte fassen?
Wenn Begriffe unklar sind, bleibt Mathe ein Ratespiel.
Deshalb: Mathe-Sprache = Schlüssel zum Verstehen.
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So bereitest du dich auf ein diagnostisches Gespräch vor
Mathe-Diagnostik ohne Plan? Nope.
Hier dein kleiner Spickzettel:
- Was willst du wissen?:
Zehnerübergang? Stellenwerte? Strategien? - Wähle passende Aufgaben:
Nicht zu schwer, nicht zu leicht – und offen genug für Denkprozesse. - Materialien bereitlegen:
Wendeplättchen, Würfel, Stellenwertkarten, Papier, Stifte – und für gute Laune: ein paar Kekse.
Vertrauen aufbauen:
Kein Druck. Keine Bewertung. Nur ein echtes Gespräch über Mathe
Von der Diagnostik zur Förderung – und jetzt?
Diagnostik ist der Anfang. Danach geht’s richtig los:
- Individuelle Lernpläne: Fördere genau das, was fehlt – nicht mehr, nicht weniger.
- Passende Materialien: Geschichten, Bilder, Bewegung – finde das, was dem Kind hilft.
- Unterricht anpassen: Gruppen bilden, die ähnliche Baustellen haben.
- Fortschritte dokumentieren: Kleine Erfolge feiern – und Eltern mitnehmen!
Auf einen Blick: Was eine gute Mathe-Diagnostik ausmacht
Eine wirksame Mathe-Diagnostik schaut nicht nur auf das Ergebnis, sondern auf den Weg dorthin.
Sie verbindet standardisierte Tests mit qualitativen Methoden – wie dem diagnostischen Gespräch und gezielter Beobachtung.
Worauf du dabei besonders achten solltest:
-
Zählt das Kind (noch) – und wie?
-
Hat es ein tragfähiges Verständnis von Zahlen?
-
Versteht es unser Stellenwertsystem?
-
Nutzt es Rechenstrategien oder rechnet es „irgendwie“?
-
Kennt es mathematische Begriffe – und kann es mit Sprache umgehen?
Diese fünf Bereiche bilden das Fundament für eine gezielte Förderung.
Und genau deshalb lohnt sich der Perspektivwechsel – vom schnellen Test zur echten Auseinandersetzung mit dem Denken eines Kindes.
Fazit – Mathe-Diagnostik, wie sie wirklich wirkt
- Sie zeigt dir, wie ein Kind denkt – nicht nur, ob es richtig liegt
- Sie macht Förderung wirksam – weil sie an den Ursachen ansetzt
- Sie stärkt das Selbstvertrauen – weil Kinder endlich verstanden werden
- Also: Weg vom bloßen Korrigieren – hin zum echten Verstehen.
Werde zur Mathe-Detektivin.
Fachbegriffe kurz erklärt
Mathe-Diagnostik
Gezielte Beobachtung und Analyse mathematischer Leistungen, um zu verstehen, wie ein Kind denkt – nicht nur, ob das Ergebnis richtig ist.
Qualitative Diagnostik
Hier geht’s ums Wie statt ums Wieviel: Denkprozesse, Strategien und Fehlermuster werden sichtbar gemacht.
Quantitative Diagnostik
Standardisierte Tests, bei denen gezählt wird, wie viele Aufgaben richtig oder falsch gelöst wurden.
Diagnostisches Interview
Ein 1:1-Gespräch, in dem du dem Kind Fragen zu seinen Rechenwegen stellst – ohne Druck.
Stellenwertverständnis
Das Wissen, wie Zahlen im Zehnersystem aufgebaut sind – z. B. dass in „347“ die 3 für drei Hunderter steht.
Wer hier schreibt:
Petra Rodenberg
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Eine Antwort
Sehr interessanter Blogartikel, danke
Liebe Grüße Tarami